Eine Einrichtung, 913 Tage, 21.900 Stunden, die keiner vergessen wird
Es wurde geweint, gelacht, es gab Höhen und Tiefen – die Erstaufnahmestelle Papenreye in Niendorf war mehr als eine Notunterkunft. Eine außergewöhnliche Zeit in einer stillgelegten Tennisanlage, eine Unterbringung für bis zu 900 Menschen. Sie wurde für viele Menschen ein Zuhause, Niendorf wurde ihr Stadtteil.
Hamburg, 23. März 2018 - Der Geruch. Daran erinnern sich alle, die in der ASB Erstaufnahmestelle in der Papenreye vor knapp drei Jahren, vor einer der größten Herausforderungen standen. Hunderte Menschen, die geflüchtet sind, waren in Bussen auf dem Weg nach Niendorf. Die Stadt war bereits am Limit ihrer Aufnahme-Kapazitäten und es musste improvisiert werden. Auf dem ehemaligen Sportlepp-Gelände wurde die stillgelegte Tennisanlage innerhalb von Stunden umfunktioniert. Es musste schnell gehen. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, Unterstützerinnen und Unterstützer aus dem Stadtteil sowie die Kolleginnen und Kollegen vom ASB Hamburg gaben alles, um die Menschen vor Kälte und Obdachlosigkeit zu schützen. Sie räumten die Tennishallen leer, organisierten Decken, Hygieneartikel, Lebensmittel. Plastiküberzüge für Schaumstoffmatratzen waren zu der Zeit Mangelware in Hamburg und ein ehrenamtlicher Helfer fuhr extra nach Leipzig, um diese Plastiküberzüge zu besorgen.
Die Hygieneartikel reichten nicht für alle aus und mussten umgefüllt werden, außer Schnapsgläser war nichts anderes da. „Wir reichten jedem sein erstes Shampoo in einem Schnapsglas“, erzählt Detlef Hapke, stellvertretender Landesvorsitzender des ASB Hamburg, der vor einigen Industrieregalen steht, in denen die Gegenstände stehen, an die sich die Helferinnen und Helfer noch gut erinnern: Wasserflaschen, der rote Sand der Tennishalle, Sandsäcke, ein Megaphon – liebevoll aufgestellt mit kleinen Texten. Das Megaphon ist die Geschichte von Michael Sander, ASB Hamburg Geschäftsführer und dem damals geflüchteten Najeem Zazai, der heute eine Ausbildung beim ASB Hamburg macht.
„Wir haben den Menschen erstmal erzählt, wo sie eigentlich hier gelandet sind und wer sich um sie kümmert. Ich fand es beeindruckend, wie Najeem Zazai es hinbekommen hat, das zu übersetzen, was ich gesagt habe. Und er hat es so übersetzt, dass viele gelacht haben“, erinnert sich Michael Sander. „Das waren bewegende Momente, die ich nie vergessen werde und es war beeindruckend, wie groß die Bereitschaft war zu helfen“, so Michael Sander.
Das waren die ersten Einkäufe in der Metro, der Filialleiter rief sofort an und bot Unterstützung an. Eines der ersten Hilfsangebote von Ehrenamtlichen war ein Programm für Kinder, während sich der Rest der Helferinnen und Helfer noch im „Survival-Modus“ befunden hatte. ASB Hamburg Geschäftsführer Michael Sander nutzte die Gelegenheit beim Abschiedsfest, um sich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des ASB zu bedanken, die alles gegeben haben, die neue Maßstäbe für weitere Einrichtungen gesetzt haben und hier bis zum letzten Tag mit vollem Engagement dabei sind. Die Vielfalt, mit der das gesamte Team in der Papenreye gearbeitet hat, würdigte auch Frank Zimmermann, Abteilungsleiter der ASB Flüchtlingshilfe, der sichtlich bewegt war. Danach gab es einen Film, gedreht von Sonja Brier, ASB Sozialmanagerin, in dem alle Beteiligten zu Wort gekommen sind. Der die vielen schönen Augenblicke zeigt, die Kinder beim Spielen, Frauen und Männer in der Nähwerkstatt, beim Deutschlernen, beim Kochen - der zeigt, wie sehr diese Zeit alle zusammen geschweißt hat. Die letzten Bewohnerinnen und Bewohner haben ein neues Zuhause gefunden, aber Niendorf ist ihr Stadtteil geblieben, die Erstaufnahmestelle Papenreye schließt ihre Tore Ende März.