1920

Die KPD ruft zur Sabotage der Arbeiter-Samariter:innen auf

Aus dem Protokoll der politischen Polizei.

Nach der Abdankung der Monarchie und der Flucht Kaiser Wilhelms II. im Jahre 2018 hofften die Deutschen auf Frieden – doch es sollte anders kommen: Nur zwei Jahre später versuchten Freikorps und Teile der Reichswehr, die Republik zu stürzen. Die Regierung floh und der sogenannte „Kapp-Putsch“ scheiterte, ebenso wie die „Rote Ruhrarmee“, die einen kommunistischen Staat im Ruhrgebiet errichten wollte.

Der ASB geriet auf Einsätzen immer wieder zwischen die Fronten: Im Hamburger Hauptbahnhof wurde Samariter Hermann Griese auf der Sanitätswache erschossen. In Harburg gab es Schießereien zwischen Kommunisten und Rechtsradikalen mit 30 Verletzten und drei Toten – blutige Kämpfe, die bis 1923 anhielten. Die Arbeiter-Samariter:innen wurden dabei wiederholt von Polizei und politischen Extremisten bedrängt. 1925 forderte der „Proletarische Gesundheitsdienst“ der moskautreuen KPD gar zur Sabotage des ASB auf, da er als „reformistisch“ galt. 

(Quelle: Von Bargen, Susanne / Fleckenstein, Knut / Grosser, Walter: 100 Jahre ASB Hamburg)

1929

Der ASB wird für einen Spottpreis zum Schlossbesitzer

Es gab auch gute Nachrichten in den Wirren der Endzwanziger: Der ASB kaufte das Schloss Moisburg im Landkreis Harburg für heute sagenhafte 1,16 Mark pro Quadratmeter. Mit Mitgliedsbeiträgen und wenigen Spenden wurde das rund 2,85 Hektar große Gelände für nur 33.000 Mark erworben. Ein Jahr zuvor war das preußische Staatsgut aufgesiedelt worden. ASB-Mitglieder renovierten das leerstehende Gebäude und richteten es als Erholungsheim für Kinder und alte Menschen ein. Unter Heimleiter Wilhelm Jaark, der dort bis zu seinem Tod 1952 wohnte, fanden auch viele Fortbildungskurse statt. Nach der Machtübernahme der Nazis 1933 beschlagnahmte die SA das Schloss und nutzte es später als Gefangenenlager. Im Krieg wurde das Areal heruntergewirtschaftet und der reichhaltige Baumbestand nach 1945 für Brennholz gefällt. Nach langen Verhandlungen erhielt der ASB 1954 eine Entschädigung.

(Quelle: Von Bargen, Susanne / Fleckenstein, Knut / Grosser, Walter: 100 Jahre ASB Hamburg)

Das idyllische Schloss Moisburg erwarb der ASB Hamburg als Erholungsstätte.

1930

115 ASB-Samariter:innen im Armenlokal „Holsteinisches Haus“

Wenige Monate vor dem Verbot durch die Nazis: ASB-Arzt Dr. Lembke (links) mit einem Team der Kolonne Hamburg.

Im Gängeviertel der Neustadt kam es Januar 1930 zu Schießereien und Messerstechereien zwischen Nazis, Kommunisten und Kleinkriminellen.
Arbeitslose Hafenarbeiter:innen und kinderreiche Arbeiterfamilien hausten hier unter extrem prekären Zuständen in Kleinstwohnungen – in diesem Armutsquartier von ca. 12.000 Menschen versuchten Nazis und auch die KPD neue Anhänger zu gewinnen. Die Arbeiter-Samariter:innen hatten zeitweise 115 Frauen und Männer im „Holsteinischen Haus“ im Einsatz, um Verletzte mit Schuss, Schlag- und Stichwunden zu versorgen. Darunter auch viele Menschen, die ohne eigenes Verschulden zwischen die Fronten geraten sind. Eine völkische Zeitung der Nazis nannte die Samariter „vertiertes Gesindel“. Die Antwort des ASB: „Wir haben niemals nach der Parteizugehörigkeit der Verletzten gefragt, wenn es tagtäglich Prügeleien mit blutigen Köpfen zwischen Kommunisten und Nazis gab.“

(Quelle: Von Bargen, Susanne / Fleckenstein, Knut / Grosser, Walter: 100 Jahre ASB Hamburg)