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Abschied mit einem weinenden und einem wütenden Auge

15.11.2018
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Viele bewegende Worte wurden zum Abschied in der ASB EA Schmiedekoppel gesprochen (v.l.n.r.: Maren Gottsmann, Thomas Melchert, Frank Zimmermann, Michael Sander, Inga Schulze, Gerd Prüfer, Marcus Szigeti und Angelika Mertens). Foto: ZKF, Daniel Posselt.

Nach 826 Tagen wird die Erstaufnahmeeinrichtung in der Schmiedekoppel am 31.12.2018 ihre Türen schließen und wir, der ASB Hamburg, als Betreiber werden die Schlüssel an die städtische Einrichtung "fördern und wohnen" abgeben. Eine Tatsache, die alle Beteiligten – sei es das hauptamtliche Team, alle ehrenamtlichen Mitstreiterinnen und Mitstreiter und selbst die Ansprechpartner der Behörden – emotional bewegt. Das wurde beim offiziellen Abschiedsfest sehr deutlich.

Hamburg, 15. November 2018 – Aus einer Fläche, die Ende 2015 noch Asphaltwüste und Wiesenlandschaft war, wurde im Juli 2016 für über 2.700 Menschen ein Zuhause auf Zeit. 826 Tage haben sich über 500 Mitarbeitende, Ehrenamtliche, Unterstützer, Freunde und freiwillige Helfende in der Erstaufnahmeeinrichtung (EA) Schmiedekoppel engagiert und diese mit Leben gefüllt. Es wurde gearbeitet, gelernt, gewartet, gestaltet, gedolmetscht, gebaut, gelacht, geweint, getröstet, gegessen, gespielt, getanzt, gesungen und ganz viel Herzblut investiert! Das wird ab dem 31.12.2018 Geschichte sein. Sehr zum Bedauern aller.

Wie sehr, zeigte sich im Rahmen der offiziellen Abschiedsfeier vergangenen Mittwoch, zu der die Einrichtungsleiterin Inga Schulze und ihr Team geladen hatten. Schon allein die große Anzahl von über 200 Gästen war ein Zeichen dafür, was und wen die EA Schmiedekoppel in den letzten 2,5 Jahren alles bewegen konnte. Die Einrichtungsleiterin musste mit ihren Emotionen kämpfen, als sie sich für die wunderbare Zeit bei ihrem gesamten Team bedankte und sagte: „Ich stehe hier und sage das mit einem weinenden und einem wütenden Auge. Weinend, weil ich unendlich traurig bin, dass die Reise hier enden soll und wütend, weil die Stadt Hamburg davon sprach, dass die Unterstützung der Hilfsorganisationen in der Flüchtlingsfrage eine Bereicherung gewesen sei und dazu beigetragen habe, für ein weltoffenes Hamburg zu stehen. Und das gilt nun nicht mehr?“

2015 als die Stadt von der Flüchtlingswelle überrollt wurde und ihre zuständige Anstalt öffentlichen Rechts "fördern und wohnen" mit der Aufgabe überlastet war, wurden die Hilfsorganisationen in Hamburg zur Hilfe gerufen und übernahmen viele der EAs. Thomas Melchert, der den Zentralen Koordinierungsstab Flüchtlinge (ZKF) vertrat, bedankte sich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Auch wenn viel diskutiert und um Positionen gerungen wurde, am Ende habe immer eine konstruktive Lösung gestanden. Der ASB habe die Stadt einmal mehr gerettet, als die große Anzahl der Flüchtlinge kam und mit der Situation überlastet war. „Wir müssen uns künftig an dem messen lassen, was der ASB an neuen Standards gesetzt hat, das wird nicht einfach“, äußerte Melchert anerkennend. Zu diesen neuen Standards gehörten beispielsweise eine sehr gute medizinische Versorgung mit der Einführung einer Institutionsambulanz, die Ehrenamtskoordination, die Traumaarbeit, das Gewaltschutzkonzept und eine vom Bund finanzierte Gewaltschutzbeauftragte, die Arbeitsmarktintegration und das große Thema Partizipation.    

Pastorin Maren Gottsmann sprach in ihrer Rolle als Leiterin der Initiative „Wir für Niendorf“, die mit ihren ehrenamtlichen Helfenden eng mit der EA Schmiedekoppel kooperiert hat. Sie habe sich nie träumen lassen,  einmal ihr tiefstes Bedauern darüber äußern zu müssen, dass eine Erstaufnahmeeinrichtung schließen muss. „Hier wurde Beziehungsarbeit und wertvolle Integrationsarbeit geleistet. Diese geht mit der Schließung verloren“, sagte Gottsmann.

Die ASB-Landesvorsitzende Angelika Mertens konnte sich dem zuvor Gesagten nur anschließen und fasste es so zusammen: „Der Staat kann Erstaufnahme, Integration ist Aufgabe der Zivilgesellschaft.“ Gemeinsam mit Gerd Prüfer, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden, bedankte sich der Landesvorstand für die wundervolle Arbeit und wünschte allen Mitarbeitenden von Herzen, dass der berufliche Weg für sie in der gewünschten Art und Weise weitergehen werde. „Die geleistete Arbeit in den ASB-Erstaufnahmeeinrichtungen war eine Erfolgsstory, die in die ASB-Geschichte eingehen wird und darauf sind wir und können Sie sehr stolz sein."