„Pflege ist mehr wert!“ - Fachgespräch mit Bundesminister Olaf Scholz

15.07.2008
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v.l.n.r.: Stefan Rehm (Diakonisches Werk), Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, Wolfgang Rose (Ver.di), Knut Fleckenstein (ASB)
v.l.n.r.: Stefan Rehm (Diakonisches Werk), Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, Wolfgang Rose (Ver.di), Knut Fleckenstein (ASB)

Die Arbeit in der Pflege muss mehr gesellschaftliche Anerkennung bekommen. Dazu gehört auch die angemessene Entlohnung aller Pflegekräfte. Zu diesem Thema führte das Bündnis „Pflege ist mehr wert!“ am 15. Juli ein Fachgespräch mit Bundesarbeitsminister Olaf Scholz. Das Bündnis „Pflege ist mehr wert“, das vom ASB, Diakonie und Ver.di im Herbst letzten Jahres gegründet wurde, setzt sich für einen Mindestlohn in der Pflege ein.

In Hamburg sind insbesondere in der ambulanten Pflege immer weniger Anbieter tarifgebunden. Nur noch die Diakonie und der Arbeiter-Samariter-Bund mit knapp 20 % der Beschäftigten zahlen flächendeckend nach Tariflohn.

 

Knut Fleckenstein, Geschäftsführer des ASB Hamburg:

Es darf nicht sein, dass der Wettbewerb in der ambulanten Pflege über Lohndumping und nicht über bessere Qualität und Organisation läuft. Nur mit einer angemessenen Bezahlung, regelmäßiger Weiterbildung und einem vernünftigen Betriebsklima erreicht man die hohe Motivation der Mitarbeiter und die notwendige Qualität, die in der ambulanten Pflege zu Recht gefordert wird. Auch angesichts des dramatisch zunehmenden Fachkräftemangels im Pflegebereich gibt es dazu keine Alternative.

 

Stefan Rehm, Vorstand Diakonisches Werk Hamburg:
Wir haben in der Pflege ein massives Refinanzierungsproblem. Immer mehr Betriebe sind nicht mehr in der Lage, nach Tarif zu bezahlen. Die Vergütungen müssen tarifliche Bezahlungen ermöglichen und Lohndumping verhindern. Die hoch motivierten Pflegekräfte brauchen die ihnen zustehende Anerkennung. Dazu gehört auch eine angemessene Entlohnung.

Wolfgang Rose, ver.di-Landesbezirksleiter:
Pflegerinnen und Pfleger leisten sowohl körperliche als auch psychische Schwerstarbeit und anstatt sie dafür anständig zu bezahlen, bekommen viele Beschäftigte in der ambulanten Pflege dafür nur einen Dumpinglohn - ohne geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten, ohne betriebliche Altersversorgung. Es muss jetzt endlich ein Mindestlohn her, denn nur ein einheitliches Tarifniveau für alle Beschäftigten kann den unsinnigen Wettbewerb über Lohndumping aufhalten. Einen Wettbewerb, der auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird.

 

An dem Gespräch nahmen auch Teilnehmer der Organisationen teil, die das Bündnis „Pflege ist mehr wert!“ unterstützen. Dazu gehören die AWO Hamburg, Der Paritätische Hamburg, der Sozialverband Deutschland – Landesverband Hamburg, die Arbeitsgemeinschaft der SPD 60plus, die Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen Hamburg / Schleswig-Holstein (AG MAV) und vkm - Gewerkschaft für Kirche und Diakonie.

 

In dem Gespräch mit dem Minister machten die Teilnehmer des Bündnisses deutlich, wo dringender Handlungsbedarf besteht. Neben einem Mindestlohn sind dies die Themen „Mehr Zeit für Pflegebedürftige“, „Qualifizierte Pflege braucht qualifizierte Pflegerinnen und Pfleger -  Ausbildung in der ambulanten Pflege möglich machen“ und „Mehr gesellschaftliche Anerkennung für Pflegekräfte“.

 

Olaf Scholz, Bundesarbeitsminister, verdeutlichte seine Position:

"Mit der Aufnahme der Pflegebranche in das Arbeitnehmerentsendegesetz können wir angemessene Arbeitsplätze in der Pflege sicherstellen. Das ist entscheidend für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Auf ihrem Rücken darf kein Wettbewerb um die niedrigsten Löhne ausgetragen werden."

 

Weitere Ziele des Bündnisses „Pflege ist mehr wert“:

Mehr Zeit für Pflegebedürftige

Die von den Kassen bezahlten Pflegezeiten sind so knapp bemessen, dass über Leistungen wie Waschen, Medikamentenvergabe, Begleitung beim Essen im Minutentakt keine Zeit für psychoso-ziale Betreuung bleibt. Die Pflegekräfte eilen von Kunde zu Kunde. Diese Situation ist für sie fachlich und menschlich sehr belastend. Pflegebedürftige und Pflegekräfte brauchen mehr Zeit für die Pflege. Die Finanzierung der Personalausstattung durch Pflegekassen und Sozialbehörden könnte gerade für einsame alte Menschen die notwendige Zuwendung ermöglichen.

 

Ausbildung muss sein

Qualifizierte Pflege braucht qualifizierte Pflegerinnen und Pfleger. Eine umfassende Ausbildung können sich ambulante Pflegedienste aber kaum leisten, denn der damit verbundene Aufwand wird (anders als in der stationären Pflege) nicht refinanziert. Dies führt dazu, dass Einrichtungen, die ausbilden, höhere Preise für ihre Pflegedienstleistungen in Rechnung stellen müssen und somit einen Konkurrenznachteil auf dem Markt haben. Auch hier ist eine Korrektur erforderlich.

 

Mehr öffentliche Anerkennung
Pflegekräfte erbringen eine gesellschaftlich bedeutende, wichtige und notwendige humane Dienstleistung, oft genug ohne die ihnen zustehende Anerkennung. Das Bündnis wird versuchen, das Thema „Pflege“ ins öffentliche Bewusstsein zu rücken, zu einer realistischen Beschreibung des Arbeitsfeldes beizutragen und so für die Beschäftigten eine angemessene Wertschätzung ihrer Tätigkeit zu erreichen.

 

Kontakt:

Sabine Bauer, Pressesprecherin ver.di, Tel. 040 / 28 58 1130 Angela Fürböter, Pressesprecherin ASB, Tel. 040 / 833 98 128, Katharina Weyandt, Ref. Kommunikation Pflege, DW Hamburg, Tel. 040 / 30 620 269