Bundesminister a.D. Heiner Geißler fordert Erneuerung der ethischen Grundlagen unserer Gesellschaft

11.05.2007
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Heiner Geißler und der ASB-Bundesvorsitzende Dr. Friedhelm Bartels
Heiner Geißler und der ASB-Bundesvorsitzende Dr. Friedhelm Bartels

Auf Einladung des ASB Hamburg referierte Heiner Geißler am 10. Mai zum Thema „Generationensolidarität“ und diskutierte anschließend mit dem ASB-Bundesvorsitzenden Dr. Friedhelm Bartels und dem SPD-Bundestagsabgeordneten Niels Annen. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Geschäftsführer des ASB Hamburg, Knut Fleckenstein, und dem Chefredakteur des Hamburger Abendblattes, Menso Heyl.

In seiner 90-minüten Rede spannte Geißler einen weiten Bogen von der Frage, welches Menschenbild für eine solidarische Gesellschaft notwendig ist bis zu einer Kritik an der Ökonomie. Die Diskussion über die Grundwerte der Gesellschaft sei zwar wieder entfacht, dabei würde aber von vielen die Freiheit als gefährdet angesehen. Laut Geißler ist dabei viel stärker die Solidarität in Gefahr. Ursache dafür sei das Wirtschaftssystem, das den Menschen nur noch instrumental und als Kostenfaktor sieht und die Erhöhung der Kapitalrendite als wichtigstes Ziel anstrebt. Während früher die Menschen glaubten, es ginge ihnen besser, wenn es der Wirtschaft besser ginge, glaubt daran heute nur noch eine kleine Minderheit. Das sei Folge einer Entwicklung, die wirtschaftlichen Erfolg nur dann sieht, wenn Menschen wegrationalisiert würden. Die Politik kann nur gegensteuern, wenn sie wieder auf Augenhöhe mit der Wirtschaft agiert. Das System müsse von Grund auf reformiert werden: „Kein Mensch kann glauben, dass eine derart entsolidarisierte Gesellschaft eine Zukunft haben kann.“ warnte Geißler. Wir alle müssten uns die Frage stellen, „Was ist der Mensch? bzw. Wer ist ein Mensch?“. Die Unantastbarkeit der menschlichen Würde als zentrales Menschenbild muss wieder in den Mittelpunkt gestellt werden. Menschen dürfen nicht mehr ausgegrenzet werden, weil sie angeblich den falschen Pass, die falsche Rasse, das falsche Geschlecht, das falsche Alter oder den falschen Glauben haben. Geißler kritisierte die häufig vertretene Meinung, der Staat könne sich das nicht leisten: „Die finanziellen Folgen einer entsolidarisierten Gesellschaft sind viel gravierender als das, was eine Solidarisierung kosten würde. Es gibt Geld wie Heu, aber es fließt nicht dahin, wo es gebraucht wird.“

Der ASB-Bundesvorsitzende Dr. Friedhelm Bartels warnte davor, den sogenannten Konflikt der Generationen zu dramatisieren. „Wir sollten uns weniger auf das Gegeneinander als das Miteinander der Generationen konzentrieren. Wir müssen den Älteren die Gelegenheit geben, an der Gesellschaft zu partizipieren, z.B. im Ehrenamt, wie es der ASB seit vielen Jahren fördert.“

In seinem Schlusswort sagte Knut Fleckenstein: „Wir müssen Antworten finden auf die Frage, wie wir mit unseren Alten umgehen. Dafür brauchen wir keinen Seniorensenator, sondern die Einsicht der Politiker aller Parteien, dass es sich hierbei um eine Querschnittsaufgabe handelt.“

Anlässlich des 100. Geburtstags des ASB Hamburg in diesem Jahr findet eine Vortrags- und Diskussionsreihe zum Thema „Solidarität in der Krise?!“ statt, um Denkanstöße in die sozialpolitische Diskussion zu bringen. Um sich dem vielschichtigen Thema zu nähern, finden vier Veranstaltungen zu den Themen „Solidarität in der Krise?!“, „Generationensolidarität“, „Verantwortung der Medien für das Solidarprinzip“ und „Bürgerschaftliches Engagement – Wege zu mehr Solidarität“ statt. Die Vorträge und Beiträge der Podiumsteilnehmer stehen am Anfang eines Diskussionsprozesses, an dem Vertreter der Hamburger Wohlfahrtsverbände, der Politik und der Wirtschaft beteiligt werden sollen.